Lions-Abend: Verkehrsunfälle und wie sie im nachhinein nachvollzogen werden können

Bei unserem jüngsten Lions-Abend hatten wir Niklas Mai zu Gast, Mitgesellschafter des Sachverständigenbüros für Unfallrekonstruktionen in Aachen. Niklas Mai ist zertifiziert als Sachverständiger für Beweissicherung und Rekonstruktion nach Verkehrsunfällen. Bei Unfällen mit Personenschaden werden diese Sachverständigen durch das Gericht bestellt, um Fragen zum Hergang des Geschehens zu klären.

Deren Fachexpertise kann helfen, darüber zu entscheiden, ob dem Unfallverursacher ein strafrechtlicher Vorwurf gemacht werden kann, etwa wegen fahrlässiger Körperverletzung. Auch vorsätzlich begangene Verletzungen durch den Einsatz von Fahrzeugen können durch eine sachverständige Überprüfung aufgedeckt werden.

Die Sachverständigen untersuchen die Unfallstelle, die beteiligten Fahrzeuge und werten alle Variablen wie Spuren auf und neben der Fahrbahn aus, ebenso die aktuelle Verkehrssituation wie Regen oder Dunkelheit, Schadensbilder an den verunfallten Fahrzeugen, Auswertung der Fahrtenschreiber bei Kraftwagen und vieles mehr. Bei Bedarf werden die Unfallhergänge nachgestellt, um die Sichtbarkeit der Beteiligten in der jeweiligen Verkehrssituation zu überprüfen oder die wahrscheinliche Fahrt-oder Aufprallgeschwindigkeit zu bestimmen. Viele Abläufe lassen sich anhand von mathematischen Berechnungen nachzeichnen.

Herr Mai stellte dar, wie seine Arbeit Einfluss in die Bewertung von Schuldsprüchen bei Gerichtsverfahren nimmt. Dabei wurde uns anhand von plastischen Beispielen vor Augen geführt, dass schwere Unfallfolgen eintreten können, auch wenn dem Fahrer des unfallverursachenden Fahrzeugs wegen einer nicht mehr nachzuvollziehenden geringfügigen Unachtsamkeit kein wirklicher Vorwurf gemacht werden kann. Grund und Folgen eines Fahrfehlers stehen zueinander nicht unbedingt in einem angemessenen Verhältnis.

Umso wichtiger ist die stets korrekte Einhaltung der Verkehrsregeln, weil auch dem vorsichtig agierenden Fahrer ein Fahrlässigkeitsvorwurf gemacht werden kann, wenn eine Übertretung nachzuweisen ist. Auch aus haftungsrechtlichen Gesichtspunkten ist Normtreue anzuraten; bei Vorliegen einer Straftat wie Trunkenheit im Verkehr oder Verkehrsunfallflucht können die jeweiligen Haftpflichtversicherer nämlich beim Unfallfahrer Regress nehmen.

Auch zur Überprüfung der Wahrnehmbarkeit von leichten Kollisionen etwa bei Einparkunfällen werden die Sachverständigen in Ermittlungsverfahren wegen Verkehrsunfallflucht oft herangezogen. Staatsanwälte und Gerichte sind bei ihren Beurteilungen zunehmend auf Sachverständige angewiesen, weil sie die verkehrstechnischen Vorgänge aus eigener Kompetenz nicht beurteilen können. Die juristischen Probleme, die sich in den entsprechenden Verfahren ergeben, wurden in der Diskussion mit Herrn Mai und unserer Präsidentin Susanne Fischer aufgezeigt.

Anhand eines aktuellen Beispielsfalls hat uns Herr Mai zudem erläutert, wie aufgrund ungünstiger Verkehrsführung Unfälle provoziert werden können. Insofern leisten die Sachverständigen auch Aufklärungsarbeit zu Präventionszwecken.

Unsere Clubmitglieder zeigten sich sehr interessiert und stellten lebhaft Nachfragen. Der Vortragsabend hat uns hohen Erkenntnisgewinn gebracht, weil wir als Verkehrsteilnehmer alle von den Themen betroffen sind. Das Gelingen des Abends lag aber nicht nur am Sujet, sondern auch an dem hochkompetenten und charmanten Vortragenden, der uns die Themen unterhaltsam und trotzdem in aller Deutlichkeit vermittelt hat.